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Publish date: 2023-05-22 21:28:13
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Wenn an einer Ampel alle drei Lampen gleichzeitig blinken, muss zwingend ein Reparaturtrupp an den Mast. Talkmaster Louis Klamroth holt schon mal den Funktionstester aus seinem Anti-Defekt-Werkzeugkoffer: „Grüner Filz bei Habeck: Ist die Energiewende in Gefahr?“
Die Gäste
Katrin Göring-Eckardt (57, Grüne). Die Bundestagsvizepräsidentin will mit einer Attacke auf Olaf Scholz vom Habeck-Chaos ablenken: „Einen Klimakanzler kann ich schwer erkennen!“
Christian Dürr (46, FDP). Der Fraktionschef des kleinsten Ampellichts will „Habecks Heiz-Hammer entschärfen“. Viel Spaß in der Heizschlangengrube!
Julia Klöckner (50, CDU). Die Wirtschaftspolitikerin kritisiert nach dem Trauzeugen-Skandal: „Ein Ministerium ist kein Selbstbedienungsladen, auch nicht für Grüne. Und das Heizungsgesetz gehört grundlegend überarbeitet!“
Hermann-Josef Tenhagen (60). Der Wirtschaftsjournalist („Finanztip“) wettert: „Verzweifelte Hausbesitzer brauchen jetzt Klarheit, kein politisches Hickhack!“
Markus Feldenkirchen (47). Der Journalist („Spiegel“) will mit Kritik an der Opposition punkten: Schuld an dem Ganzen sei die CDU mit ihrer „Bräsigkeit“. Jo, Alter, chill mal!
Bei zentralen Steuerungsanlagen ist es besonders wichtig, dass Defekte zügig behoben werden. Das Zoff-o-Meter hofft auf ungestörten Arbeitsfrieden im Reparaturtrupp!
Bananenrepublikanischste Fälle
Der erste Einspieler entspricht dem Sitzungszettel beim TV-Korruptionsgericht. Ganz vorne auf dem Sünderbänkchen: Staatssekretär Udo Philipp, zuständig für die Förderung von Start-ups: Er halte Anteile an einem Fonds, dessen Manager jetzt unter Philipps Mitwirkung in ein Beratergremium des Ministeriums berufen worden sei. Uff!
Auf der Liste etwas nach unten gerückt: „Staatssekretär Patrick Graichen wollte seinen Trauzeugen zum neuen Chef der bundeseigenen Energieagentur machen; ein hoch dotierter Posten.“ Dann auch noch 600.000 Euro für ein Projekt des BUND Berlin, in dem Graichens Schwester mehr als nur mitmischt. Alter Schwede!
Kurvenreichste Gegenoffensive
Göring-Eckart fährt einen klassischen Entlastungsangriff mit Nebelkerzen und Finten: Graichen sei weg, und „insofern macht es wenig Sinn, sich jetzt noch im Nachgang damit zu beschäftigen“, beschwichtigt sie. Soll heißen: Schluss mit der leidigen Debatte!
Katrin Göring-Eckardt (57, Grüne)
Die einzige Frage sei, so die Bundestagsvizepräsidentin weiter: „Werden jetzt alle Compliance- und Transparenzregeln eingehalten?“ Die Antwort gibt sie gleich selbst: „Das Wirtschaftsministerium schaut da nach wie im Moment kein anderes.“ Klar, es hat ja auch kein anderes so dicken Filz!
Schwurbeligste Nicht-Antwort
Klamroth lässt sich nicht ablenken: „Was finden Sie schlimmer“, erkundigt er sich bei der Grünen, „dass Robert Habeck offensichtlich kein gutes Händchen hat in der Wahl seiner Staatssekretäre? Oder dass jetzt der Eindruck entsteht, rund um das Ministerium schieben sich Verwandte und Freunde Posten und Geld zu?“
„Es geht ja nicht um Posten und Geld zuschieben im Sinne von privater Bereicherung“, beteuert Göring-Eckardt mit dem Blick der Schlange Ka aus dem „Dschungelbuch“. Sondern es gehe darum, „jetzt ganz klare Compliance-Regeln einzuhalten“. Deswegen sei es auch „richtig, dass Robert Habeck und das Ministerium ganz genau geschaut hat.“ Vertraue mir…
Gequirltester Vorwurf
„Das hat uns natürlich unfassbar geärgert!“, schimpft FDP-Fraktionschef Dürr mit einem strafenden Seitenblick auf Göring-Eckardt, „weil der Eindruck entsteht, dass sich unter Umständen Posten zugeschanzt wurden.“ Das klingt dann doch ganz anders.
Katrin Göring-Eckhardt (Grüne) und Christian Dürr (FDP)
Der „Spiegel“-Redakteur tanzt lieber im rot-grünen Reigen: Graichen sei sehr geschätzt für das, „was er an Kontakten, an Wissen, auch an Management-Fähigkeiten“ mitbringe, verteidigt er den Geschassten. Feldenkirchens Dreh: Die Grünen hätten sich stets um das Klima gekümmert, von der „Klimakanzlerin Angela Merkel“ dagegen sei „nur heiße Luft“ gekommen. Aua!
Objektivste Feststellung
„Es ist interessant, wie der ‚Spiegel‘ jetzt zum Wortführer, zum Verteidiger für die Grünen wird“, kommentiert Klöckner sichtlich amüsiert. „Wir haben unter Unionsregierungen den CO₂-Ausstoß massiv reduziert und auch festgelegt, dass ab 2026 keine Ölheizungen mehr eingebaut werden dürfen.“
Ihr Vorwurf: „Es ist kein Lapsus, kein Fehler passiert, sondern ein ganz klarer Verstoß gegen Beamtenregelungen. Gegen den Verhaltenskodex, der allen Mitarbeitern ausgehändigt wird.“ Außerdem seien Habeck und Graichen keineswegs „Opfer einer Kampagne“.
Sachdienlichster Hinweis
„Es gibt ein sehr einflussreiches Netzwerk von gleichgesinnten Denkfabriken, Lobbyorganisationen und Stiftungen“, klärt Klöckner auf, „die haben Einfluss im Bundeswirtschaftsministerium…“
Der Talkmaster will die politische Wirkung der Info schmälern: „Sind Sie da manchmal neidisch?“, fragt er spitz.
Doch die CDU-Politikerin lässt sich nicht aus dem Takt tricksen: „Da stellt sich die Frage: Haben auch andere Sichtweisen die Möglichkeit, genauso Gehör zu finden wie die eine Denkrichtung, der man dann folgt? Und ob politische Entscheidungen zum Wohle der Bürger oder eines grünen Netzwerkes getroffen werden?“ Rumms!
Umstrittenster Steuerungsfehler
Göring-Eckardt wünscht, dass das umstrittene Heizungsgesetz trotz der anschwellenden Kritikerchöre „jetzt sehr schnell beschlossen werden sollte“, und zwar „vor der Sommerpause“. Für den nötigen Nachdruck soll einen Seitenhieb auf den Ampelmann zur Linken sorgen: „Viele Forderungen der FDP, sorry, Herr Dürr, stehen schon im Gesetz.“ Ächz!
„Es braucht dringend ein neues Gebäudeenergiegesetz“, keilt der FDP-Politiker grimmig zurück. In Habecks Version „würde es die privaten Haushalte in eine Kostenfalle laufen lassen in Bezug auf Wärmepumpen und den Umbau der Häuser“, warnt er. Sein zentraler Schaltbefehl: „Die Heizung muss zum Haus passen und nicht umgekehrt.“ Stöhn!
Hitzigstes Wortgefecht
Dann läuft der Talk aus dem Ruder. Der FDP-Mann fordert die CDU-Frau auf, sich „ganz kurz zu beruhigen“. Die CDU-Frau rät dem FDP-Mann: „Jetzt machen Sie mal entspannt!“
Dürr wirft Klöckner verärgert Nichtstun bei Kanzlerin Merkel vor: „Sie haben gar nichts gemacht!“ Klöckner kontert: „Sie haben sich ‚Fortschrittskoalition‘ genannt. Wenn ich so eine Fortschrittskoalition sehe, wünsche ich mir die alte zurück!“
Medialste Selbstentlarvung
Die Journalisten klöppeln fleißig mit. Feldenkirchen will unbedingt unterbringen, es sei eigentlich sein Blatt gewesen, das den Habeck-Skandal aufgedeckt habe. Außerdem feuert er weiter volles Rohr gegen die Union.
Kollege Tenhagen ist zwar ebenfalls auf Ampel-Linie, aber sauer, weil ihm keiner so recht zustimmen möchte. „Verdammt!“, flucht er mit wütenden Gesten und Grimassen. „Verflixt noch mal!“
Kratzbürstigstes Damengambit
Göring–Eckart erklärt sich opferbereit, „mehrere Nachtschichten“ einzulegen, um das Gesetz doch noch vor der Sommerpause durchzupeitschen. Der Kollegin von der Union unterstellt sie höhnisch eine „Schnappatmung“. Dafür bekommt sie sogar Beifall, allerdings nur von einer einzigen treuen Seele.
Klöckner bohrt in den wunden Punkt: „Sie haben erreicht, dass jetzt so viele Gasheizungen gekauft werden wie selten zuvor“, bescheinigt sie dem grün-gelben Ampel-Duo, „weil Sie das Pferd von hinten aufgezäumt haben. Zuerst brauchen wir die kommunale Wärmeplanung und –netze!“
Besorgtester Lagebericht
Die Heizungsunternehmerin Sandra Moraitides hat so viel um die Ohren, dass sie unmöglich in die Sendung kommen konnte. Die Kamera findet sie im Lager vor einem Gebirge von Wärmepumpen. „Der Laden brummt“, meldet sie.
Doch, so die Fachfrau weiter: „Die meisten Kunden möchten noch ganz schnell ihre bestehende Ölanlage in eine Ölbrennwertanlage umwandeln“ bzw. bei Gas „eine neue Gasbrennwertanlage haben“. Aufgrund von Hamsterkäufen sei jetzt „auf dem Markt alles abgegrast: Kein Öl, kein Gas, keine Wärmepumpe“. Schluck!
Eindringlichste Warnung
„Wenn die Heizung kaputt ist, würden wir natürlich am liebsten versuchen, sie noch zur reparieren“, erklärt die Unternehmerin. „Aber wenn jemand eine neue Heizung haben möchte, kommen wir diesem Wunsch natürlich nach und bestellen sie.“
Allerdings, so ihre große Sorge: Wenn jemand jetzt eine Öl- oder Gasheizung kaufe, die aber nicht rechtzeitig vor Januar geliefert werde, könne er sie weder einbauen noch zurückgeben und bleibe auf den Kosten sitzen. Besonders für junge Familien mit dem Traum vom eigenen Häuschen sei das Habeck-Gesetz ein großes Problem.
Gnadenloseste Durchhalteparole
Die Bundestagsvizepräsidentin zeigt verblüffend wenig Empathie: „Politik ist manchmal nicht populär“, kommentiert sie kühl. „Wir müssen uns immer fragen: Was haben wir eine Verantwortung für die Menschen in zehn oder zwanzig Jahren? Die Leute kommen dann nicht mehr darum herum, sehr teures Öl und Gas einzukaufen.“
„Die Bürger wollen sich beteiligen an der Wärmewende, sie wollen nachhaltig sein“, lobt Klöckner. „Aber wir müssen mit den Zahlen ehrlich sein.“ Anschaffung, Einbau, Dämmmaßnahmen – das sei für die Menschen „wirklich eine Hausnummer.“
Schlichtester Vorschlag
Deshalb müsse, so Klöckner, die Politik „die Planung eines Gesetzes mehr an der Praxis orientieren. Diese Zeit-Brechstange ist falsch!“ Dafür gibt’s den stärksten Beifall des Abends.
Tippgeber Tenhagen schließt mit der simplen Empfehlung, nicht länger auf die Politik zu warten: „Ich würde den Leuten sagen: Macht jetzt euren eigenen Plan! Es gibt 13.000 Energieeffizienzberater in der Republik.“ Amen!
Zitat des Abends
„Was ist, wenn in zehn Jahren die honiggelbe Klimafee kommt, und die hext quasi das Klima einfach wieder zwei Grad runter? Dann brauchen wir das alles nicht!“ Markus Feldenkirchen
Fazit
Wenig Korpsgeist unter den Kollegen, stattdessen jede Menge Tarnen und Täuschen, wütende Wortgefechte und minutenlanges Durcheinanderreden, auf der Steuerungsebene geriet der Talkmaster vom Habeck-Chaos fast in ein Klamroth-Chaos: Das war eine Talk-Show der Kategorie „Ampelgetrampel“.
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Publish date: 2023-05-22 21:28:13
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