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Publish date: 2023-05-23 23:28:07
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Sie wollen das Weltklima retten, jetzt ist erst mal das Koalitionsklima im Eimer: Habecks Wärmepumpen-Basta prallt auf Lindners Techno-Credo. Außerdem geht es um Kampfjets für die Ukraine und den Haftbefehl für Putin. Viel Stoff für Zoff bei Sandra Maischberger!
Die Gäste
Hubert Aiwanger (52, Freie Wähler). Bayerns Wirtschaftsminister twittert gewohnt kernig: „Erbschaftssteuer und Gebäudeenergiegesetz ruinieren die Lebensleistung von Menschen und zerstören Eigentum. Ampel muss gestoppt werden!“
Katharina Schulze (37, Grüne). Die Fraktionschefin im Landtag will jedem bayerischen Baby einen Windrad-Anteil schenken. Süß!
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (71, FDP). Die Ex-Bundesjustizministerin hat Putin & Co. wegen Kriegsverbrechen angezeigt und macht auch sonst keine Gefangenen.
Sergij Osatschuk (50). Der Oberstleutnant der ukrainischen Grenzschutztruppen meldet sich aus nur neun Kilometern Entfernung von der zerbombten Fronstadt Bachmut.
Guido Cantz (51). Der Comedian („Verstehen Sie Spaß?“) bestellte sich für viel Geld eine Wärmepumpe. Seine Sorge: „Das wird dauern!“
Dagmar Rosenfeld (49). Die Chefredakteurin (WELT am SONNTAG) sieht „einen Grund, warum Robert Habeck zurücktreten muss“.
Gregor Peter Schmitz (48). Der Chefredakteur („Stern“) schimpft, die CSU habe den Klimaschutz „über viele Jahre blockiert“. Aha.
Erprobte Haudegen und spannende Newcomer. Das Zoff-o-Meter ist auf schlagende Argumente justiert!
Biologischste Bewertung
Comedian Cantz bekommt die erste Steilvorlage in den Lauf gespielt: „Über Habeck lästern, macht das noch Spaß oder haben Sie schon Anflüge von Mitleid?“, möchte die Talkmasterin von ihm wissen.
Comedian Guido Cantz hört Gregor Peter Schmitz („Stern“) zu
„Ich habe noch nicht mal beim FC Bayern Mitleid“, ulkt der professionelle Spaßversteher. Das Bundeswirtschaftsministerium sei ja „ein kleines Familienunternehmen, wie wir jetzt festgestellt haben“, aber „wenn Geld von A nach B fließt, sprechen die Grünen eher von Krötenwanderung…“
Listigste Scholz-Schelte
Die „WamS“-Chefin streut die Verantwortung für das Chaos etwas breiter: „Die Heizungsnovelle ist ja nicht allein die Idee vom Robert Habeck gewesen“, erinnert sie, „sondern das ist eine Idee der gesamten Koalition!“
„Es ist auch nicht die Idee von ihm, jetzt in Heizungskellern herumzuschnüffeln“, assistiert der „Stern“-Chef. Sein Verdacht: Habeck werde vor allem „vom Kanzler alleingelassen, dem es ganz gut gefällt, dass sein Vize, der ja auch gern Kanzler würde, etwas demontiert wird.“
Zornigster Einspieler
Maischberger pfeffert ihren Talk mit alles und scharf. Im ersten Video wütet der Wirtschaftsminister über die liberalen Gesetzesbremser: „Aus meiner Sicht ein Wortbruch! Ich nehme zur Kenntnis, dass die FDP sich nicht an das gegebene Wort hält!“
Dagmar Rosenfeld (WELT am SONNTAG)
„WamS“-Chefin Rosenfeld sieht noch einen anderen Wortbruch: Die Ampel sei als „Fortschrittskoalition“ angetreten, mahnt sie, und „diese Erzählung ist heute ein für alle Mal zu Ende. Insofern ist da ein Versprechen gebrochen worden.“
Lohnendste Bewertung
„Stern“-Chef Schmitz gibt kein Pardon: „Es ist ein bisschen viel Wehleidigkeit im Spiel“, spottet er. „Wir sind da im Hochleistungssport Politik, da muss man es schon einmal aushalten, wenn man sich fetzt, und sollte nicht ständig in Interviews betonen, wir böse die anderen sind.“ Rumms!
„Die FDP hat erkannt, dass sie mit Opposition gegen die Grünen wieder Landtagswahlen gewinnen kann“, analysiert Rosenfeld. Ihr Vorwurf an die Ampel: „Sie schaffen es nicht, selbst gesetzte Klimaziele in praktikable Politik zu übersetzen. Genau das wäre aber die Aufgabe dieser Koalition.“ Dafür gibt’s den ersten Beifall.
Krachendste Kanzler-Kritik
Auch Rosenfeld nimmt den Regierungschef in die Mitverantwortung für das Habeck-Desaster: „Er hat sich verschätzt“, urteilt sie, „und ich glaube, das hat was mit der Attitüde von Olaf Scholz zu tun, dass er sich immer für ein bisschen schlauer hält als die anderen.“
„Nicht nur schlauer, sondern auch ein bisschen unbeteiligter“, sekundiert Schmitz. „Wenn man ihm zuhört, kann man ja den Eindruck bekommen, dass er auch mit der Vorgängerregierung gar nichts zu tun hatte, obwohl er dort Vizekanzler war!“
Bayrischste Nettigkeiten
Vor dem Polit-Duell möchte Maischberger den beiden Stargästen ein paar Freundlichkeiten entlocken: Was sie am jeweils anderen schätzten, erkundigt sie sich.
„Sie tritt sehr überzeugt auf“, lobt Aiwanger die Grüne, „und hat auch Sympathiewerte. Also ich mag sie menschlich, aber politisch sind wir eben vom anderen Ufer.“
Bayern unter sich: Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Katharina Schulze (Grüne)
„Ich finde es faszinierend, dass Hubert Aiwanger, wenn wir im Bayerischen Landtag debattieren, immer ohne Redemanuskript nach vorne geht und die Rede frei hält“, gesteht Schulze sichtlich beeindruckt. „Das schafft auch nicht jeder. Beim Spezi können wir uns gut unterhalten, politisch sind wir doch a bisserl weiter entfernt…“
Happigstes Habeck-Bashing
Dann legt Aiwanger los: „Die Ampel hat sich total verstolpert!“, wettert er. „Jetzt bricht das ganze Kartenhaus zusammen. Dieses Gebäudeenergiegesetz ist von Anfang an Murks gewesen! Inhaltlich ist Habeck hier überrollt worden.“ Besonders die immensen Kosten für die Wärmepumpen würden Hausbesitzern großen Sorgen machen.
Sein härtester Vorwurf gegen den Minister und dessen inzwischen geschassten Staatssekretär: „Habeck ist vielleicht aus der Graichen-Agora-Ecke ideologisch ferngesteuert gewesen. Er hat sich eventuell von den falschen Leuten beraten lassen und selber nicht mehr überblickt, worum es überhaupt geht.“ Uff!
Duzfeindlichste Diskussion
Die Grüne nimmt die SPD-Wohnungsbauministerin in die Mithaftung: Habeck habe „das Gesetz nicht alleine geschrieben, sondern mit Klara Geywitz!“, merkt sie an.
Ihre Gegenattacke zielt auf den Kosten-Schock: „Was mich jetzt, Hubert, an deinem Redebeitrag irritiert und auch gestört hat“, tadelt sie mit Katzen-Lächeln, „ist, dass du jetzt wieder davon angefangen hast, 100.000 Euro müssten in die Dämmung gesteckt werden.“ Ächz!
Hitzigste Rechnung
Doch der Freiwählerchef lässt sich nicht mit vertraulichen Anreden besänftigen: „Wenn’s langt!“, brummt er. „Vielleicht auch mehr!“ Und die Stromrechnung „kannst ohne Dämmung gar nicht zahlen!“
Aiwangers Sorge: „Die Leute kaufen unter Angst heute eine neue Ölheizung, weil sie meinen, ab 1. Januar dürfen sie nicht mehr!“ Die Ampel solle lieber Zuschüsse für Sanierungen geben und nicht „künstlich die Kosten hochtreiben!“
Härtester Vorwurf
„Durch diese Endzeitstimmung wird die Wärmepumpe um 10.000 Euro teurer, wird die Dämmung um Tausende Euro teurer“, schimpft Aiwanger. „Also wir produzieren volkswirtschaftlich vermeidbare Kosten!“
„Diese Energiewende wird am Ende zig Milliarden mehr kosten“, warnt er mit mahnend erhobenem Zeigefinger, „als wenn wir sie in Ruhe mit Augenmaß abwickeln.“
Kraftvollster Konter
Die Grüne rafft sich noch einmal zu einer Gegenattacke auf: Bayern sei „das Energiesorgenkind der Republik“, ruft sie laut in die Runde und erinnert den Minister daran, „wie du gegen die Stromleitungen von Norden nach Süden gekämpft hast!“
Dem Publikum erläutert Schulze: „Sein Ausdruck war immer ‚Monstertrasse‘. Hubert Aiwanger und die CSU haben sich immer ganz weit vorne gegen diese Stromleitungen positioniert, den Windkraftausbau verschleppt, Wasserkraftwerke verscherbelt…“ Stöhn!
Freundschaftlichstes Fingerhakeln
Der Talkmasterin fällt auf, dass Aiwanger der Grünen fast bei jedem Satz dazwischenfunkt. „Sie merken aber schon, dass Frau Schulze Sie ausreden lässt“, ermahnt sie ihn.
„Ja“, gesteht der Bayer, und die Bayerin erwidert: „Danke, Hubert, gelt?“ Verschwörerisches Grinsen bei der Runde am Medientresen: Alles nur Show?
Letztes Gefecht
Zum Schluss versucht es Schulze mit einem Appell: „Was du machen kannst, ist, dass du den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigst“, predigt sie dem Minister, „dass die Netze schneller gebaut werden! Das tust du nicht in dem Umfang, wie ich es gerne hätte!“
„Was stört Sie an den Grünen?“, fragt Maischberger bei Aiwanger nach und bekommt eine Antwort aus lauter Watschen: „Weil das eine Ideologie ist, die Dinge nicht zu Ende denkt“, poltert der Minister, „die eigentumsfeindlich ist. Die Grünen sind leider sehr selbstgerecht!“ Dafür lauter Applaus und ein noch lauteres „Jawoll!“
Dramatischster Lagebericht
Oberstleutnant Osatschuk erscheint im Kampfanzug auf einem flackernden Monitor. „Ukrainische Soldaten und Grenzschutz befinden sich noch immer an den westlichen Rändern der Stadt“, meldet er aus dem seit acht Monaten heftig umkämpften Bachmut.
Denn, so der Offizier: „Jeder Meter ist für uns ukrainischer Boden. Wir verteidigen unser Land, denn wir wissen ganz genau, was die Russen in den Ortschaften, Dörfern und Städten, die sie erobern, mit den Menschen machen.“
Strategischste Expertise
Den unnachgiebigen Widerstand der Ukrainer in der längst völlig zerstörten Frontstadt begründet Osatschuk als militärische Notwendigkeit: „Für den gesamten Kriegsverlauf hat es große Bedeutung, dass hier in Bachmut bis zu 100.000 russische Eroberer ihren Weg beendet haben: Ein Teil bleibt für immer in ukrainischer Erde, die anderen lange im Lazarett!“
Die Stadt sei „eine Festung, weil es für uns viel leichter ist, sich dort zu verteidigen, als auf einem offenen Gelände“, fügt er hinzu. „Bachmut hat seine große Mission bei der Verteidigung der Ukraine erfüllt!“
Grausamste Erkenntnis
Ein ARD-Einspieler zeigt Präsident Selenskij, der bei seinem Treffen mit US-Präsident Biden in Hiroshima sagte: „In Bachmut gibt es nichts mehr. Die Russen haben alles zerstört. Es gibt keine Häuser mehr. Es ist eine Tragödie. Bachmut gibt es nur noch in unseren Herzen.“
„Es war sehr symbolträchtig, dass Präsident Selenskij diese Worte in Hiroshima gesagt hat“, kommentiert Osatschuk sichtlich erschüttert. „Denn das, was eine Atombombe anrichten kann, haben die Russen mit konventionellen Waffen monatelang zu demselben Ergebnis gebracht.“
Hoffnungsvollste Prognose
Dann schildert der Ukrainer beschämende Szenen: „Die Russen suchen noch unter den Ruinen Habseligkeiten“, berichtet er. „Sie stehlen alles. Sie marodieren. Es war ein sehr bedrückendes Bild von dieser sogenannten russischen Armee, diesen Verbrechern, wie sie Kühlschränke oder irgendwelche Hausutensilien in ihre Autos packten.“
Während Bachmut mit großer Tapferkeit Tag für Tag gehalten wurde, so der Oberstleutnant weiter, „haben ukrainische Männer und Frauen gute Schulungen bekommen, auch im Ausland, und genügend westliches Material. Ich glaube, es wird nicht mehr lange auf sich warten lassen, bis wir diesen Feind…“ Der Rest geht in Störungen unter.
Bewegendste Botschaft
„Die Ukraine sagt, wann es aus ihrer Sicht Verhandlungen geben kann“, stellt Leutheusser-Schnarrenberger fest. „Wir sind natürlich erschüttert über jedes Menschenleben, das dort geopfert wird, aber es ist nicht an uns, zu sagen, Ukrainer, jetzt ergebt euch mal!“
Im letzten Einspieler verspricht eine verzweifelte Mutter ihrem von den Russen verschleppten Kind unter Tränen: „Söhnchen, ich werde dich holen!“ Sie hat es auch tatsächlich geschafft, aber viele andere müssen weiter leiden.
19.000 ukrainische Jungen und Mädchen sind in Lagern verschwunden, wo sie unter Misshandlungen „umerzogen“ werden. Auch das, so die Ex-Justizministerin zum Schluss, werde als Kriegsverbrechen geahndet.
Zitat des Abends
„Nach dieser Sendung werde ich meinen Männern alles übersetzen, und ihr Applaus wird nach Deutschland gerichtet sein.“ Sergij Osatschuk
Fazit
Wichtige Themen, wertvolle Infos, meinungsstarke Gäste, energische Moderatorin: Das war eine Talk-Show der Kategorie „Kampfkompanie“.
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Publish date: 2023-05-23 23:28:07
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